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Gewonnene Maßnahmenbeschwerde

Die Geschichte ist schnell erzählt. Am 14.1.2019 fanden sich mehrere Personen in Graz Don Bosco ein, um dort eine Versammlung zum Thema Luftqualität durchzuführen. Auslöser für die Versammlung war die Überschreitung der Feinstaubimmissionsgrenzwerte am vorangegangenen Tag. Geplant war in dem Zusammenhang, mit sogenannten Geh-Zeugen in die Innenstadt zu spazieren und so den Protest gegen die Verkehrspolitik sichtbar zu machen, dies auf der sonst stark befahrenen Straße. Dazu kam es aber nicht.

Bereits nach kurzer Zeit fand sich vor Ort Polizei ein, die die Versammelten am Losgehen hinderte. Die anwesenden Polizist_innen gaben bekannt, dass es sich um eine nicht angezeigte Versammlung handle. Nur wenige Minuten später wurde die Versammlung vor Ort tatsächlich beendet. Ein Polizeibeamter gab bekannt, dass die Versammlung hiermit aufgelöst sei, die Versammlungsteilnehmer_innen verließen in weiterer Folge den Versammlungsort.

Soweit die Ereignisse am 14.1.2019.

Gegen die Auflösung der Versammlung durch den einschreitenden Polizeibeamten erhob einer der Versammlungsteilnehmer eine Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Mit einer Maßnahmenbeschwerde kann das Verhalten der Polizei im Nachhinein auf die Rechtmäßigkeit hin überprüft werden.

In der Beschwerde wurde vor allem vorgebracht, dass die Auflösung der Versammlung deswegen ungerechtfertigt war, weil nur die Sicherheitsbehörde, nicht aber einzelne Polizist_innen zur Auflösung einer Versammlung berechtigt sind. Die Auflösung wurde aber nicht durch eine_n Behördenvertreter_in ausgesprochen, sondern durch einen Polizisten.

Die Landespolizeidirektion äußerte sich im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht dahingehend, dass „auf Grund eines Kommunikationsproblems“ die Spontanversammlung aufgelöst wurde, an dem dies nicht gerechtfertigt war.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts wurde die Auflösung der Versammlung für rechtswidrig erklärt. Das Gericht führte aus, dass keine Gründe vorgelegen seien, die die Auflösung der Versammlung gerechtfertigt hätten, dies würde auch von der Landespolizeidirektion in der eigenen Stellungnahme eingeräumt. Zur Frage, wer zur Auflösung der Versammlung berechtigt ist, nahm das Gericht keine Stellung.

Warum das Recht bemühen, wenn sich die Polizei vor Ort nicht an die geltenden Rechtsvorschriften hält? Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wird der politische Kampf dadurch um neue Handlungsfelder erweitert. Es treten juristische, mediale und andere Kämpfe neben die eigentlichen Protestaktionen ‚auf der Straße‘.

Neben dem erzieherischen Effekt, den gewonnene Verfahren auf die Polizei potentiell haben (sollten), treten emanzipatorische Effekte für die Bewegung, wenn Aktivist_innen dadurch selbstbewusster und entschlossener in die nächste Demonstration gehen.

Es kann sich daher bezahlt machen, polizeiliche Maßnahmen einer juristischen Kontrolle zu unterziehen, auch auf die Gefahr hin, sich dadurch mit anderen Staatsfunktionen auseinandersetzen zu müssen.